KJUI Podcast - Frauentag und Tagesfrau

Frauentag und Tagesfrau

Audio kompakt


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Googelt man den Begriff "Tagesfrau", findet man heraus, dass damit die Putzfrau gemeint ist. Die Putzfrau als Berufsbezeichnung, gendergerecht: PutzfrauInnen

Ich erzähle in diesem Podcast lieber von mir, denn der Podcast ist durchaus dem internationalen Frauentag gewidmet und da bietet es sich an, dass ich mich stellvertretend zur Ehrung der Frauen zur Verfügung stelle, denn es ist mein Podcast und ich bin ja eine Frau. Und wenn ich mich charakterisieren sollte, dann passt der Kindermund meines zweiten Sohnes von vor Jahrzehnten wohl am besten.

Bei einer der U-Untersuchungen legte die Kinderärztin nämlich ein Büchlein mit farblich erkennbaren Motiven auf den Tisch, und er sollte etwas erkennen. Offensichtlich fiel ihm die Unterscheidung von rot und grün schwer, so dass ihm das grüne Motiv nicht klar wurde und die Ärztin wollte ihn unterstützen, indem sie fragte: "Bei welcher Farbe fährt deine Mama über die Kreuzung?" Doch er sagte: "Bei gelb!"

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Mein Leben huschte und balancierte stets leicht an den allgemeingültigen Regeln entlang. Ich wurde der erste weibliche Landmaschinenschlosser im Kreisbetrieb für Landtechnik, indem zwei Lehrjahre zusammen verlegt, und die wichtigsten Fächer mal mit den Jungs des ersten Lehrjahres, mal mit den Jungs des zweiten Lehrjahres absolviert wurden. Einen Umkleideraum und ein Clo hatte ich ganz für mich allein. Als wir die Feile schwingen mussten, umwickelte ich meine Hände sehr bald mit alten, in Streifen geschnittenem T-Shirt-Stoff. Anfangs witzelten die Jungs, aber bald baten sie mich, ihnen von den Tüchern abzugeben.

Ich liebte es, Lichtmaschinen, Anlasser und Einspritzpumpen zu reparierte und die ölverschmierten Hände hernach in Hydrauliköl zu waschen. Beim Reparieren der Mähdrescher allerdings bemerkte ich meine Grenzen in Bezug auf Handhabung und Körperkraft und bat darum, in die Schmiede zu dürfen; der Plan wurde angepasst und ich durfte bei Meister Hübner in die Lehre. Alles lief gut, nur die Kreuzmeißel wollten mir lange Zeit nicht gelingen. Meister Hübner ließ mich Kreuzmeißel schmieden, bis sich endlich sein Gesicht erhellte.
Das war eine wunderbare Zeit. Ich hab viel gelernt.

Beim anschließenden Studium zum "Diplom-Ingenieur Technologie der Instandsetzung" bekam ich meinen ersten Sohn und ich habe ohne Zeitverzug weiter studiert. Auch dazu wurde der Plan angepasst; eine Prüfung in Belegform und ein eigenes Zimmer innerhalb einer Dreiraumwohnung des Studentenwohnheims. Die Vorlesungen unterbrach ich für bestimmte Zeiten, um meinen Sohn in der 10 km entfernten Kita zu stillen, die Jungs legten derzeit Blaupapier unter ihre Mitschriften und ich las später nach. Manchmal gaben mir meine Mitstudenten ihr Auto, um schnell zur Kita und zurück zu kommen, manchmal kam ich sogar mit dem Kinderwagen inkl. Sohn zum Campus und die Jungs schaukelten abwechselnd den Wagen oder gingen mit ihm spazieren.

Gleich im Anschluss an das Ingenieurstudium habe ich erneut eine Regel durchbrechen dürfen und bekam ein halbes Jahr weitere Zeit für das Zusatzstudium als Programmierer von Stücklisten in DBASE. Programmieren ist wie Konstruieren, ist wie Schneidern. Ich liebte es und habe gern im Prozess Lösungen gefunden. Und nach der Wende lernte ich die HTML Codierung und baute Homepages und das mache ich immer noch genauso; Zeile für Zeile baue ich meine Websites selbst.

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Ich bin verwöhnt von einfacher Lösungsfindung und Umsetzung. Der Sozialismus der DDR hat seinen Charme für mich nicht in den braunen Tapeten und seltsamen Anbauwänden, die man sich auch erst einmal leisten hätte können müssen. Er hat seinen Charme für mich in so manch einfacher Umsetzung. Die Verfolgung der Homosexualität wurde abgeschafft, die Gleichberechtigung von Frauen wurde verankert. Natürlich ist damit noch lange nicht alles erledigt, aber es wurde nicht sofort verankert, wie das zu erreichen ist, sondern, dass es zu erreichen ist.

Aber golden und glänzend waren die Zeiten nicht. Es klafften mindestens zwei Welten zwischen privilegiert und minderbemittelt; arm und ungerecht war es an vielen Stellen. Ich habe nie den Beruf des Pflegers erlernt, aber als Kind bereits gepflegt. Meine Oma saß im Rollstuhl mit Gicht. Die Wohnung hatte mit rollstuhlgerechter Substanz nichts gemein, im Gegenteil: Eine halbmeterhohe Betonstufe ins zweite Zimmer, einen Holzpodest vom ersten Zimmer zu Küche, ein Wasserhahn, ein Abfluss, ein Kohleherd, ein Ofen, hohe Türschwellen sowieso, ein Plumpsklo hinter dem Schuppen, erreichbar über Grasnarbe und Trampelweg. Ja, jedes Wochenende, alle Ferien und auch Stunden dazwischen waren ihr gewidmet. Ich habe sie gewaschen und ihr auf den Eimer geholfen; dazu hatten wir einem Stuhl die gepolsterte Auflage entnommen. Ich habe sie gehievt und gehalten – sie war ein Leichtgewicht und sie war die liebste Omi der Welt. Ich habe ihr Sachen genäht, obwohl ich nicht den Beruf des Schneiders erlernt hatte und ich frisierte sie, auch ohne den Beruf des Frisörs. Natürlich putzte ich und wusch die Wäsche, auch ohne den Beruf der Putzfrau erlernt zu haben.

Heute bin ich Erzählerin, Malerin, Künstlerin. Nicht, weil ich ein zweites Studium absolviert habe, sondern weil ich es mache. Die Aufnahme in die Künstlersozialkasse war ein wichtiger Baustein bei der Entscheidung im Dezember 2016, die Freiberuflichkeit tatsächlich zu wagen.

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Doch nun?
Es gibt neue Lebensschranken. Neue Entscheidungen.
Als Erzählerin habe ich mich den Märchen und Mythen verschrieben; sie haben mich gepackt und in ihrer Aussagekraft und Beharrlichkeit und Lesbarkeit durch so viele Räume und Ebenen der Menschheit geführt.

Neue Begriffe tun sich auf, z.B. "weiße, alte Frauen" und damit sind nicht die weisen Frauen und Omis gemeint.

Ich empfinde meinen aktuellen Beruf als ernsthaft ins Wanken geraten. Mit der Entscheidung 2016 in die Freiberuflichkeit zu gehen, bin ich angetreten mit dem Ziel, Märchen und Mythen für Erwachsene in Unternehmen zu erzählen, um dort Brainstorming und Kommunikation zu unterstützen. Künstliche Sprache spaltet m.E. die Gesellschaft nicht nur in arm und reich, sondern vermehrt in jung und alt.

Frau sein ist anders als Mann sein und Mann sein ist anders als Trans sein und Trans sein ist anders als Frau. Allen gemeinsam ist, dass sie männliche und weibliche Anteile haben. Das sind die zwei Enden ein und derselben Skala. Null und Eins. Plus und Minus. Schwarz und Weiß. Wie viele Anteile davon jeweils in Körperlichkeit und Seelenstruktur zu finden sind, entscheidet schließlich über das aktuelle Farbgemisch, über die aktuelle Anziehungskraft, über den aktuellen Stand.

Und im Laufe der Jahre verschiebt sich der Regler. Er steht nie ganz still. Die Anteile aus plus und minus, männlich und weiblich mischen sich täglich neu.

Kindermund zum Abschluss:

Eine Frau erzählt ihrem Urenkel, dass sie an ihrem Ehrentag zum Friseur gehen wird. Daraufhin fragt der Urenkel nach, was das denn für ein Ehrentag sei. Sie erklärt ihm, dass es sich um den internationalen Frauentag handele und dass an diesem Tag alle Frauen auf der ganzen Welt geehrt werden. Daraufhin sagt der Urenkel: "Na das gilt ja nicht für dich, du bist doch eine Oma."

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Oh – vielleicht sollte mein Podcast doch auch Märchen enthalten? Ein Programm, das ich vor Zeiten einmal gemacht hatte, trug die Überschrift "Fabulieren über Frauen" und einleitend gab es ein Potpourri.

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Frauen Fräulein, Fruwe - wer oder was oder wie sind sie, diese Frauen?

Potpourri "Frauen"

Sind Frauen so wie diese klitzekleine Frau aus England, die eines Tages beschließt einen klitzekleinen Spaziergang zu machen und dazu ihre klitzekleine Haube aufsetzt und aus ihrem klitzekleinen Haus heraus auf die klitzekleinen Straße geht und dann an einem klitzekleinen Tor ankommt, das auf einen klitzekleinen Friedhof führt auf dem sie auf einem klitzekleinen Grab einen klitzekleinen Knochen findet und sich denkt: "Aus diesem klitzekleinen Knochen wird ein wenig klitzekleine Suppe für mein klitzekleines Abendessen werden." und die dann den klitzekleinen Knochen in ihre klitzekleine Schürze steckt und nach Hause geht, die dann die klitzekleinen Stufen zu ihrem klitzekleinen Zimmer hinauf geht, den klitzekleinen Knochen in den klitzekleinen Nachtschrank neben dem klitzekleinen Bett steckt und sich dann erst einmal hinlegt, um eine klitzekleine Weile zu schlafen, die – als sie halb eingeschlafen ist, jene Stimme hört: "Gib mir meinen Knochen!" - die daraufhin ihren klitzekleinen Kopf ein wenig tiefer in die klitzekleinen Kissen hüllt und wieder einschläft, bis jene Stimme wieder zu hören ist: "Gib mir meinen Knochen!" und die dann ihren klitzekleinen Kopf noch tiefer in die klitzekleinen Kissen hüllt, bis jene Stimme erneut ruft: "Gib mir meinen Knochen!" und die dann mit ihrer lautesten, klitzekleinen Stimme sagt: "Nimm ihn!"

Sind Frauen so? So klitzeklein wie diese Frau aus England?

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Oder sind sie riesengroß und rebellisch? Wie Skadi, die Riesin, die Göttin der Jagd und des glitzernden Schnees, die - nachdem ihr Vater, der Sturmriese Thiazi als Adler verkleidet aufgrund einer anderen Geschichte von den Göttern getötet wurde, nach Asgard ging und Buße forderte, nämlich, einen Ehemann unter den Asen auswählen zu dürfen und dass man sie zum Lachen bringen solle, wobei Loki sich der Erfüllung der zweiten Forderung hingab, indem er seine Hoden mit einem Band am Kinnbart einer Ziege fest machte und dann eine Art Tauziehen begann, woraufhin Skadi in schallendes Gelächter ausbrach, für ihre erste Forderung jedoch wurde ihr nur die Zusage gemacht, sich den Gatten anhand der Füße, die unter einem Vorhang hervorlugten, auswählen zu dürfen und die dann Njörd, den Gott der Meere, auswählte, obwohl sie doch auf Balder den lichtgestaltigen, schönen hoffte, den sie haben wollte, denn sie meinte, dass ein so schöner Mann wie Balder auch schöne Füße haben müsse, die also auf die schönen Füße zeigte und Njörd auswählte, mit dem sie dann die Zwillinge Freya und Frey bekam und ein unstetes Eheleben führte, weil der Meeresgott Njörd nun einmal das Meer und das Kreischen der Möwen liebte, sie aber die Berge, den Schnee und das Jagen.

Sind Frauen so? So riesengroß wie Skadi, so klitzeklein und mutig wie diese Frau aus England?

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Oder sind sie schön und hässlich zugleich, wie die Dame Ragnell, die auf König Arthus traf als sie noch so hässlich war, so hässlich, dass es König Arthus schauderte - mit wild zerzausten Haaren, einem rot aufgequollenen Gesicht, einer triefenden Nase, die groß und mittig in ihrem Gesicht prangte, mit braungelben Zähnen, die wie Wildscheinhauer über die fleischigen, sabbernden Lippen ragten und einer Warze mit sieben borstigen Haaren, einem Nacken, der einem Stier gehören könnte, einem Busen, der unförmig und ausgezehrt bis zu den Knien hing und die dennoch auf einem reich aufgezäumten, edlen Pferd saß - die aber Antwort wusste auf die Frage, die der schwarze Ritter dem König Arthus gestellt hatte als Pfand für dessen Leben: "Was den Frauen am allerliebsten auf der Welt ist." Und die Dame vielmehr die Hexe Ragnell erbat sich die Heirat mit Sir Gawain im Gegenzug zur Antwort und sie stellte es ihm, Sir Gawain, frei, sein Wort zu geben für das Leben König Arthus, und als er sein Wort gab, gab sie die Antwort: "Frauen – die armen wie die reichen, die alten, wie die jungen, die klugen, wie die dummen – sie alle wollen ihre Männer beherrschen!"

Und dann kam die Dame vielmehr die Hexe Ragnell zur Hochzeit nach Camelot – so hässlich, ihr erinnert euch, so hässlich - und doch auf einem edlen Pferd. Und dann machte sie sich über das Hochzeitsessen her, sabbernd, grunzend, furzend. Und dann, im Hochzeitsgemach, bat sie um einen Kuss des Sir Gawain und dieser verwehrte ihn nicht, ging doch seine Ritterschaft und Ehre mindestens bis zu diesem Punkt. Und dann lag sie da neben ihm in voller Schönheit, so schön, dass man es kaum beschreiben kann und musste nun ihn gar selbst noch auf die letzte Probe stellen, um den Fluch, der auf ihr lag, ganz zu lösen und also fragte sie ihn, ob er sie bei Tag oder bei Nacht so schön sehen wolle und er entschied sich, sie entscheiden zu lassen. Und so war sie nun immer schön.

Sind Frauen so? So schön und hässlich zugleich wie die Dame Ragnell, so riesengroß und rebellisch wie Skadi, so klitzeklein wie diese Frau aus England?

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Oder sind sie so kapriziös wie Fortuna? Frau Fortuna, die sprunghafte, lebenslustige, Frau – und dabei blind wie ein Maulwurf - die in wilder Ehe mit Herrn Geld zusammenlebte, Herrn Geld, der ein rundes Gesicht aus peruanischem Golde, einen runden Bauch aus mexikanischem Silber und runde Beine aus segovianischem (zerovianischem) Kupfer hatte – die sich liebten, bis sie heirateten!

Und dann musste eine Probe her, die darüber entscheiden sollte, wer in der Ehe die Hosen anhabe. Eine Probe, durchgeführt an einem armen Manne, der da saß unter dem Olivenbaum und nichts als Pech hatte, seit er verheiratet war. Wer würde es schaffen, ihm zu Vorteil zu verhelfen, Frau Fortuna, oder Herr Geld?

Herr Geld gab dem Manne einen Duro. Der verlor ihn auf dem Weg zum Bäcker.
Herr Geld gab dem Manne eine Unze. Der wurde vom Zeugwarenladenbesitzer als Falschmünzer angesehen.
Herr Geld gab dem Manne 2000 Realen. Der wurde von Dieben abgezogen – sie zogen ihm nach, sie zogen ihn ab, sie zogen ihn aus!
Da lag er auf dem Boden, bäuchlings, in Unterhosen und trommelte mit den Fäusten auf den Boden und haderte mit seinem Leben!

Nun war Frau Fortuna an der Reihe. Sie pustete ihn nur an.
Da fand er den verlorenen Duro neben seinen Fäusten, da ging er auf dem Weg zum Bäcker am Zeugwarenladenbesitzer vorüber und der gab ihm die Unze zurück, denn sie war echt, er hatte sie prüfen lassen und er gab ihm auch Hose, Hemd und Jacke zum Zeichen der Entschuldigung, da ging er über den Markt und waren da Gendarmen, die hatten die Räuber gefasst und der Richter, ein guter Mann, entschied, dass man ihm das Geld zurückgebe, 2000 Realen, ohne Anrechnung von Gebühren!

Da war DER nun reich und Frau Fortuna die Siegerin im Streit um die Herrschaft in der Ehe und fortan verteilte sie ihre Gunst ausgelassener und sprunghafter denn je; wie ein Blinder seine Prügel!

Sind Frauen so? So kapriziös wie Fortuna, so schön und hässlich, wie die Dame Ragnell, so riesengroß und rebellisch wie Skadi, so klitzeklein wie diese Frau aus England?

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Oder sind sie bescheiden und doch auch anmaßend, wie die Prinzessin auf der Erbse? Die bescheiden genug um eine Herberge mitten in der Nacht, im strömenden Regen, weit ab von ihrem Schloss, bat und die am nächsten Tag doch tatsächlich klagte über diesen schlechten Schlaf auf dem Berg aus Matratzen, weil etwas sie drückte?

Sind Frauen so? So bescheiden und anmaßend zugleich wie die Prinzessin auf der Erbse, So kapriziös wie Fortuna, so schön und hässlich wie die Dame Ragnell, so riesengroß und rebellisch wie Skadi, so klitzeklein wie diese Frau aus England?

Frauen sind so! Sie sind Teil des Ganzen und immer wieder Ursache, Problem und Lösung in einer Person.

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Märchen, Sagen, Legenden

Klitzeklein - England
Die Hochzeit des Sir Gawain - England
Skadi, die Göttin der Jagd - Skandinavien
Frau Fortnuna und Herr Geld - Spanien Die Prinzessin auf der Erbse - H.C. Andersen


Mit Dank vorab für Empfehlungen!

Herzliche Grüße
Anke Ilona Nikoleit


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